«Es kann nicht sein, dass Mord verjährt»
Der Kristallhöhlenmord von 1982 ist inzwischen verjährt. Der Mörder zweier Mädchen wird nie belangt. Ein Politiker will nun gegen die Verjährung von Schwerstverbrechen vorgehen.
«Dieser Fall ist noch bei so vielen Menschen präsent, vor allem im Rheintal. Und er wird auch nicht vergessen», sagt der St. Galler SVP-Kantonsrat Mike Egger (25). Gemeint ist der Doppelmord 1982 bei der Kristallhöhle bei Oberriet SG (siehe Box). Egger selbst stammt aus dem St. Galler Rheintal, auch er diskutiere noch oft über den tragischen Tod der beiden Mädchen und bedauert, dass die Morde nie aufgeklärt wurden. Inzwischen ist die Tat verjährt.
Gemäss Artikel 97 StGB verjährt die Strafverfolgung bei Straftaten nach 30 Jahren, wenn die für die Tat angedrohte Höchststrafe lebenslänglich ist. Bei einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren nach 15 Jahren und bei einer Freiheitsstrafe von drei Jahren nach 10 Jahren. Sieben Jahre sind es, wenn die Tat mit einer anderen Strafe bedroht ist. Nicht verjähren in der Schweiz können sexuelle Handlungen mit Kindern unter 12 Jahren, Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und qualifizierte terroristische Handlungen. In den Nachbarländern Deutschland und Österreich verjährt Mord nicht.
Für Egger ist klar: «Es kann auch nicht sein, dass Mord verjährt.» So wie er sehen es auch viele 20-Minuten-Leser. Wenn über den Kristallhöhlenmord berichtet wird, heisst es in den Kommentaren etwa: «Mord darf doch nicht verjähren! Manchmal sind wir Schweizer schon rückständig» oder «Ein neues Gesetz über die Verjährung muss dringend her». Bei einer Umfragehatten sich rund 6000 Personen beteiligt – für 94 Prozent ist klar, dass Mord nicht verjähren darf.
Geplante Standesinitiative
Deshalb reicht Egger nun in der Junisession 2018 im St. Galler Kantonsrat ein Standesbegehren für die Abschaffung von Verjährungsfristen bei Schwerstverbrechen ein. «Mit der Entwicklung von DNA-Analysen stehen den Ermittlungs- und Fahndungsbehörden technische Möglichkeiten zur Aufklärung von Straftaten zur Verfügung, die teilweise zu spektakulären Fahndungserfolgen geführt haben», so Egger. Das könne man doch nicht ausser Acht lassen. Denn so liessen sich lange nach der Straftat Beweise erbringen, die zur Überführung von Tätern führen könnten.
Zudem entwickle sich die Technik auch immer weiter. Er fordert deshalb, dass das Strafgesetzbuch an die zeitgemässen Gegebenheiten angepasst werden müsse. «Das würde auch das Vertrauen der Bevölkerung in die Justiz fördern», ist sich der Politiker sicher.
Motion gescheitert
Es ist nicht der erste Versuch eines Politikers in jüngster Zeit, die Verjährungsfristen im Schweizer Strafgesetzbuch zu ändern. Der Zürcher SVP-Nationalrat Alfred Heer hat bereits eine entsprechende Motion eingereicht, die in der Herbstsession 2017 behandelt wurde. Auch er verwies damals auf neuere wissenschaftliche Methoden, die eine Aufklärung eines Verbrechens auch nach vielen Jahren möglich macht.
Bundesrätin Simonetta Sommaruga hielt es damals für fraglich, dass mit der Abschaffung der Verjährungsfristen tatsächlich mehr Fälle aufgeklärt würden, und sprach sich im Namen des Bundesrates für die Ablehnung der Motion aus. Für die Annahme der Motion sprachen sich schliesslich 67 Parlamentarier aus, 117 stimmten dagegen. Enthaltungen gab es keine.