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St. Galler Tagblatt: Der St.Galler Nationalrat Mike Egger will nach der Coronasession auf die Bremse treten: «Es braucht ein nationales Sparpaket»

29. Juli 2020 Medienbeitrag

Die nationale Coronasession ist vorbei. Nun werden von den Ostschweizer Parlamentariern teils schwerwiegende Vorwürfe laut.

Von Zeitdruck, fehlenden Unterlagen, ständig wechselnden Traktandenlisten ist die Rede. Von «unhaltbaren Zuständen», «unseriösen Arbeitsbedingungen» und Distanzen von Parlamentarier zu Parlamentarier von «eher 20 Zentimetern als zwei Meter» – und von einer feucht-fröhlichen Abschiedsparty. Wie beurteilen Ostschweizer Parlamentarier die spezielle Kurzsession?

Der Ausserrhoder FDP-Ständerat Andrea Caroni.

Für die meisten hat sich der Millionenaufwand in den Hallen der Bernexpo gelohnt. «Unsere Demokratie basiert auf der Macht des Volkes und seiner gewählten Vertreter, nicht einer langfristigen Notrecht-Alleinherrschaft der Exekutive», sagt etwa der Ausserrhoder FDP-Ständerat Andrea Caroni.

«National- und Ständerat sind die wichtigsten demokratisch gewählten Institutionen. Das Parlament als Vertretung des Volkes darf nicht dem Bundesrat allein die Federführung überlassen», pflichtet ihm der Ausserrhoder Nationalrat David Zuberbühler (SVP) bei.

Der St.Galler Ständerat Benedikt Würth.

Der St.Galler Ständerat Benedikt Würth (CVP) ist überzeugt: Auch wenn es der Bundesrat anders darlege: Ohne den Druck verschiedener Kantonsregierungen und der parlamentarischen Kommissionen hätte er am 29. April nicht weitergehende Öffnungen beschlossen. «Die bundesrätlichen Entscheide zum Exit von Mitte April waren zu zögerlich und teilweise auch widersprüchlich. Eine Woche Lockdown kostet volkswirtschaftlich mindestens fünf Milliarden Franken. Der Aufwand der Session muss in diesen Kontext gestellt werden.» Für den Thurgauer SVP-Ständerat Jakob Stark ist klar:

«Der Bundesrat braucht die Legitimation durch das Parlament.»

Denn, so die Thurgauer SP-Nationalrätin Edith Graf-Litscher: «Alle Notrechtsbeschlüsse des Bundesrates sind nur ein halbes Jahr gültig. Mit den Entscheiden des Parlaments ist die Dauer auf maximal fünf Jahre festgesetzt.»

Die Thurgauer SVP-Nationalrätin Diana Gutjahr.

Die Nationalräte Mike Egger (SVP, St.Gallen) und Diana Gutjahr (SVP, Thurgau) wie auch Ständerat Caroni ärgern sich über die Kosten «für die nur beschränkt tauglichen Räume». Für Gutjahr ist klar: «Da wurde die ausserordentliche Situation ausgenutzt.»

Der St.Galler SVP-Nationalrat Mike Egger.

Egger kritisiert zudem die Höhe der beschlossenen Ausgaben: «Was an dieser Session ablief, war fast surreal. Wir haben innerhalb von drei Tagen 60 Milliarden Franken freigegeben, so viel wie der Bund normalerweise in einem ganzen Jahr ausgibt.» Es werde Generationen dauern, diese Schulden abzubauen. Egger sagt:

«Deshalb fordere ich bereits heute ein umfassendes Sparpaket auf Bundesebene.»

«Die Verfahren waren nicht qualitätsfördernd»

Der St.Galler FDP-Nationalrat Marcel Dobler kritisiert die Eilverfahren in der Kurzession. «Das war sicher nicht qualitätsfördernd und muss hinterfragt werden.» Bei den umstrittenen Punkten wie Dividendenbesteuerung, Tourismusförderung oder Geschäftsmieten habe die notwendige Zeit für die Meinungsbildung gefehlt.

Die St.Galler SVP-Nationalrätin Esther Friedli.

Dem pflichtet die St.Galler SVP-Nationalrätin Esther Friedli bei: «Es ist richtig, dass wegen der Kurzfristigkeit die Grenze zur Seriosität teilweise überschritten wurde.» Aber man sei in einer ausserordentlichen Lage und müsse daher auch damit umgehen. «Ich hoffe, dass das Parlament bald wieder zu einer fundierten Arbeitsweise zurückfindet», so Friedli.

Der St.Galler CVP-Nationalrat Nicolo Paganini.

An der Grenze zur Seriosität findet der St.Galler CVP-Nationalrat Nicolo Paganini, «wenn man die Vorlage in der Differenzbereinigung fünf Minuten vor der Abstimmung per Mail bekommt; da bleibt keine Zeit für grosse Rückfragen bei Kommissionsmitgliedern und Diskussionen in der Fraktion.»

uch Caroni sieht die Grenze zur Seriosität geritzt: Das Parlament habe aber nicht nur die Beschlüsse des Bundesrats abgenickt: «Wir konnten nebst Empfehlungen an den Bundesrat 39 eigene Motionen einbringen, sowie Anträge zu den Notstandsbeschlüssen stellen.»

Die St.Galler SP-Nationalrätin Claudia Friedl.

Ein Sessionstag mehr hätte geholfen, aber ein Antrag auf Verlängerung sei von bürgerlicher Seite abgelehnt worden, sagt Claudia Friedl. Für die St.Galler SP-Nationalrätin ist klar: «Die Notstandsbeschlüsse, selbst die grossen Brocken, waren nicht bestritten, weil sie einfach notwendig sind.» Gegen die Meinung des Bundesrats und der SVP hätte für die Kinderbetreuung eine Unterstützung von 65 Millionen erreicht werden können.

Das stösst Egger sauer auf: Links-Grün habe hier Steuergeld «mit der ganz grossen Schöpfkelle» verteilt. Sein Fazit:

«Mir kam die Session wie ein Monopoly-Spiel vor – jeder Antrag, jedes Feld, kostet enorm viel Geld!»

Der Thurgauer CVP-Nationalrat Christian Lohr.

Der Thurgauer CVP-Nationalrat Christian Lohr spricht von «sehr viel Nachbewältigung; es wäre aber falsch zu glauben, es sei nur abgenickt worden». Er habe etwa seine Position zum Grenzzaun zwischen Kreuzlingen und Konstanz klar dargelegt. Die Tagesprogramme mit jeweils mehr als zwölf Stunden seien aber schon «des Guten zu viel gewesen».


Party? Keiner weiss davon, keiner war dabei
Bleibt die ominöse Abschiedsparty der Parlamentarier: Was hat es damit auf sich? «Ich wüsste nicht, was es derzeit zu feiern gibt», sagt der Innerrhoder CVP-Nationalrat Thomas Rechsteiner. Er habe von dieser Feier nichts gewusst, «falls es sie denn gegeben hat». Sie habe aus den Medien von der Party erfahren, sagt Gutjahr:

«Wenn man x-Stunden ohne Tageslicht in den Hallen der Bernexpo verbracht hat, ist man froh, endlich raus zu kommen.»

Das sieht der St.Galler Ratskollege Dobler genauso: «Nachdem ich jeweils 14 Stunden in Sitzungen verbracht hatte, war ich froh, die Halle verlassen zu können.»