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St.Galler Tagblatt: Mord soll doch nicht mehr verjähren: Ständerat folgt diesmal Nationalrat und stimmt St.Galler Initiative hauchdünn zu

17. Dezember 2021 Medienbeitrag

Die Verjährungsfrist für Schwerstverbrechen wie Mord soll fallen: Der Ständerat hat am Donnerstag der vom heutigen SVP-Nationalrat Mike Egger lancierten St.Galler Standesinitiative Folge gegeben. Nun muss ein Gesetzesentwurf ausgearbeitet werden.André Bissegger, Marcel Elsener16.12.2021, 19.04 UhrMerkenDruckenTeilen

Absperrband der Polizei: Schwerstverbrechen wie Mord sollen in der Schweiz künftig nicht mehr verjähren.
Absperrband der Polizei: Schwerstverbrechen wie Mord sollen in der Schweiz künftig nicht mehr verjähren.Peter Schneider / KEYSTONE

Nur wenige Verbrechen gelten in der Schweiz bislang als unverjährbar. Dazu zählen etwa Völkermord, Kriegsverbrechen oder seit der Verjährungsinitiative aus dem Jahr 2008 auch sexuelle oder pornografische Straftaten an Kindern. Täter von schweren Straftaten, die mit lebenslanger Haft geahndet werden, können jedoch nach 30 Jahren nicht mehr belangt werden. Dabei geht es vor allem um Mord. Das soll sich nun ändern.

Da heute dank DNA-Analysen bei der Aufklärung von Straftaten – auch bei solchen, die schon lange zurückliegen – neue Möglichkeiten zur Verfügung stehen, wurde der St.Galler Kantonsrat 2019 aktiv: Mittels Standesinitiative soll das Schweizerische Strafgesetzbuch so angepasst werden, dass die Verjährungsfrist für lebenslange Strafen abgeschafft wird.

Zeit soll auf Seite der Opfer sein

Am Donnerstag gab der Ständerat mit 21 zu 20 Stimmen der Initiative überraschend Folge. Er kam damit auf seinen Entscheid aus der Frühjahrssession 2020 zurück, als er sich noch mit 20 zu 18 Stimmen knapp dagegen ausgesprochen hatte. Der Nationalrat sprach sich bereits im Juni hauchdünn für die Abschaffung der Verjährung aus. Nun soll eine Gesetzesvorlage ausgearbeitet werden.

«Wir wären nicht das erste und einzige Land, in dem Mord nicht verjährt», sagte Daniel Jositsch (SP/ZH) in der Debatte. «Auch in Deutschland gibt es keine Verjährung für Mord.» Es geschehe zwar praktisch nie, dass solche Fälle nach 30 Jahren noch aufgeklärt werden. «Aber wenn es so ist, kann die Verjährung einer strafrechtlichen Verfolgung bei so schweren Delikten nicht im Weg stehen.» Für ihn ist daher ein Wechsel angezeigt: Die Zeit soll künftig auf der Seite der Opfer sein – und nicht auf derjenigen der Täter.

Auf der Gegenseite warnte Beat Rieder (Die Mitte/VS), es sei kein Einzelfall, dass Beweismittel nach mehr als 30, 40 Jahren ihre Beweiskraft verlieren würden. «Die Stärke der Beweismittel nimmt im Lauf der Zeit dermassen ab, dass die Ankläger dem Gericht in der Regel keine wirklich kräftigen Beweise vorlegen können», sagte er. Übrig bleibe ein dreifaches Desaster – für die Ankläger, für die Angehörigen und für den Angeklagten. Zudem geht er – mit Verweis auf die hohe Aufklärungsquote – davon aus, dass die «modernen Vermittlungsmethoden» sofort angewendet werden.

Initiant Mike Egger freut sich über gewonnene Allianzen

Mike Egger, St.Galler SVP-Nationalrat, während einer Session.
Mike Egger, St.Galler SVP-Nationalrat, während einer Session.Anthony Anex / KEYSTONE

Erleichtert über die hauchdünne Mehrheit im Ständerat ist der St.Galler SVP-Nationalrat Mike Egger: «Das war ein Krimi bis zum Schluss.» Nachdem der Nationalrat der Vorlage im Juni ebenfalls mit einer Stimme Unterschied zugestimmt hatte (90 zu 89 bei 10 Enthaltungen), wusste Egger, dass es für die Kehrtwende im Ständerat einen Sondereffort brauchte. «Wir, also Hannes Germann und ich, bemühten uns in Einzelgesprächen nochmals um jede Stimme und konnten über alle Parteigrenzen hinweg Allianzen schmieden. Schön, dass dieses Anliegen keine parteipolitische Frage war.»

Aus der Ostschweiz gehörte namentlich der Ausserrhoder FDP-Ständerat Andrea Caroni, der die Gerichtskommission präsidiert, zu den wichtigsten Fürsprechern im Hintergrund. Welcher Rat das Geschäft nun als erster weiter behandelt, ist noch nicht bestimmt. Dessen zuständige Kommission muss innert zweier Jahre eine Gesetzesvorlage ausarbeiten. Weitere umstrittene Debatten dürften folgen, doch Mike Egger ist zuversichtlich, dass es bei den Mehrheiten zur Abschaffung des «Absurdums» bleibt. Mit dem «Absurdum» der Verjährung bei Mord meint er folgendes: «Würde heute ein 30 Jahre zurückliegendes Sexualdelikt an einem Kind mit anschliessendem Mord aufgeklärt, dann könnte der Täter zwar noch wegen des Sexualdelikts, nicht aber wegen des Mordes zur Rechenschaft gezogen werden.» Und wichtig wäre für ihn auch, die Gesetzgebung an die Fortschritte der Forensik anzupassen – mittels DNA-Analyse beispielsweise könnten auch Mordfälle von vor 40, 50 Jahren aufgeklärt und Täter überführt werden.

Der Rheintaler SVP-Politiker hatte 2018 als damaliger Kantonsrat den Ausschlag für die St.Galler Standesinitiative gegeben. Sein wichtigster Beweggrund war der ungeklärte Doppelmord an zwei Goldacher Mädchen 1982 in Oberriet («Kristallhöhlenmord), der die Region bis heute beschäftigt. «Dieser Mord ist das beste Beispiel gegen die These, dass die Zeit alle Wunden heile. Und dass die Betroffenen manchmal eben nicht <vergeben und vergessen> können, wie es die Verjährung will.» Zwar ist der «Kristallhöhlenmord» gerichtlich längst abgeschlossen und gälte das neue Gesetz nicht rückwirkend, doch nennt Egger einen anderen ungeklärten St.Galler Fall, der zu verjähren droht: den «Zoomord» von 2012 in Bad Ragaz.