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Tagblatt «Ich bin anders. Ich bin Mike Egger» – der St.Galler SVP-Ständeratskandidat im Interview

22. Februar 2019 Medienbeitrag

Mike Egger bewegt sich stramm auf SVP-Kurs. Doch manchmal setzt der 26-Jährige seinen Kopf gegen die Partei durch. Er will in Bern die Lobbyisten bekämpfen, fährt ein Hybridauto und fordert ein flexibles Rentenalter

Regula Weik, Christoph Zweili22.2.2019, 11:46 Uhr

Warum ist ein Büezer der bessere Ständerat als ein Regierungsrat, eine Anwältin oder ein HSG-Dozent?

Mike Egger: Büezer und Handwerker sind im Ständerat untervertreten. Doch auch die kleine Kammer muss die Gesellschaft abbilden. Da gehören Handwerker genauso dazu wie Akademiker.

Wie würde der Kanton von einem Büezer im Ständerat profitieren?

Ich würde mich etwa für eine starke ­Berufsbildung einsetzen. Krankenkasse und AHV sind weitere Themen, die die Leute bewegen und wo Lösungen gefragt sind. Es sollten nicht nur Lobbyisten in Bern sitzen. Und es braucht einen Ausgleich, gerade zu Paul Rechsteiner.

Weshalb?

Weil er als Jurist die akademische Flanke abdeckt, weil er links aussen positioniert ist. Als Ausgleich verträgt es einen bürgerlichen und jungen Politiker. Das wäre eine interessante Kombination.

Mike Egger.

Jungsein allein ist kein politisches Programm.

Das ist so. Aber mit sieben Jahren Erfahrung aus dem Kantonsrat weiss man, was man an mir hat. Ich habe immer geradlinig politisiert. Ich stehe zu meinen Kernpunkten – und bleibe da dran.

Etwa beim Verhältnis zu Europa?

Ja. Leider ist die Schweiz auf gutem Weg, sich dem Europäischen Gerichtshof zu unterwerfen. Das ist mir nicht egal. Wir müssen die direkte Demokratie bewahren. Wir brauchen eine klare Linie, sonst verlieren wir bei den Verhandlungen.

Das Rahmenabkommen, wie es jetzt auf dem Pult liegt, lehnen Sie ab?

Ja. Der wichtigste Punkt ist für mich das EU-Schiedsgericht: Mit der dynamischen Rechtsübernahme bei allen binnenmarktrelevanten Angelegenheiten wird das Europäische Gericht das letzte Wort haben.

Viele Unternehmen in der Ostschweiz sind aber exportabhängig.

Da muss man keine Angst haben. Im Freihandelsabkommen von 1972 ist der Zugang zum europäischen Markt garantiert. Dank WTO kann man das nicht so einfach verschlechtern. Wir müssen mehr Mut beweisen und der EU sagen, was uns nicht passt. Die EU hat ein Interesse daran, mit uns zu verhandeln. Schauen Sie die Exportbilanz an: Die EU profitiert mehr von uns als umgekehrt.

Apropos jung: Die Klimastreiks der Schüler lassen Sie kalt?

Nur weil bei mir SVP auf dem Plakat steht, heisst das noch lange nicht, dass ich mich nicht fürs Klima interessiere.

Und was tun Sie dafür?

Ich habe meinen Onkel bei der Installation einer Fotovoltaikanlage unterstützt. Das war ein vierjähriger Kampf mit den Behörden.

Die Frage war: Was tun Sie?

Ich habe vor vier Jahren ein Hybridauto gekauft, und ich fahre geschäftlich so oft als möglich mit dem Zug.

Zur Arbeit fahren Sie mit dem Auto?

Ja. Ich bin um sechs Uhr früh im Büro. Da gibt es keinen vernünftigen ÖV.

Mike Egger.

Braucht es höhere Benzinpreise?

Nein. Wir haben in der Klimapolitik ­bereits Fortschritte gemacht. Der Pro-Kopf-Verbrauch an Energie ist in den letzten zehn Jahren gesunken, der Kohlendioxidausstoss ebenfalls. Jetzt heisst es, die vom Volk beschlossene Energiestrategie 2050 umzusetzen. Die Stossrichtung stimmt …

… Der Ausstieg aus der Atomenergie?

Genau. Wir müssen nachhaltige Energien aufbauen und weiterentwickeln.

Windanlagen stossen vielerorts auf Widerstand.

Es braucht Kompromisse, und es muss für die Wirtschaft verträglich bleiben. Der Ausstieg aus der Atomkraft ist nicht gratis zu haben.

Soll Fliegen teurer werden?

Nein. Da soll der Markt spielen.

Sie müssten gegen die Billigflüge sein, weil dann das Geld in der Schweiz bleibt.

Ich schreibe niemandem vor, wo er Ferien machen muss. Der Fall der Air Berlin hat gezeigt, dass es nicht genug Platz hat im Billigflugmarkt. Am Schluss entscheiden die Konsumenten. Ich habe im Kantonsrat Massnahmen gegen Einkaufstourismus verlangt. Leider hat sich die Regierung in ihrer Antwort sehr zurückgehalten.

Eine Ständeratskandidatur ist in der Regel die Krönung der politischen Karriere. Sie wollen im Schnellverfahren ins Stöckli – etwas verwegen?

Das glaube ich nicht. Man muss das Klischee vom verstaubten Ständerat aufbrechen. Warum nicht jungen Wind ins Stöckli bringen? Mit jemandem, der sich unverblümt für die Ostschweiz einsetzt?

Passt Unverblümtheit in die «Chambre de réflexion»?

Man darf sehr wohl etwas provokant sein und starke, auch unbequeme Positionen vertreten. Massgebend ist letztlich der politische Prozess, das Suchen eines Konsens, um vorwärtszukommen. Ich habe im Kantonsrat mehrfach bewiesen, dass ich konsensfähig bin.

«Ich habe schon mehrfach bewiesen, dass ich konsensfähig bin.»

Mike Egger.

Toni Brunner ist beim Angriff auf den Ständerat gescheitert.

Die Konstellation ist heute eine andere – und sie ist gut. Ich bin eine Alternative zu den anderen Kandidierenden. Ich bin jung und habe trotzdem bereits reichlich politische Erfahrung.

Sind Sie besser als Toni Brunner?

Das sage ich nicht. Toni Brunner ist ein hervorragender Politiker. Ich bin anders. Ich bin Mike Egger. Gemeinsam ist uns die bodenständige und authentische Art.

Ist Ihre Kandidatur mehr als ein Warmlaufen für Ihre Wiederwahl als Nationalrat im Herbst?

Die SVP will den Ständeratssitz holen – ernsthaft.

Sie werfen den Kandidaten von CVP und FDP vor, den Sitz zu kaufen. Purer Neid?

Überhaupt nicht. Viele Kandidaten investieren immer mehr Geld in den Wahlkampf. Ich frage mich: Kann man bei derart vielen Sponsoren noch unabhängig politisieren?

Mike Egger.

Sie unterstellen Ihren Konkurrenten, nicht unabhängig zu sein?

Das tue ich nicht. Ich kann mir aber vorstellen, dass gewisse Sponsoren mit dem Geld klare Erwartungen verbinden. Wir müssen das St. Galler Volk vertreten und keine Lobby- oder Interessenverbände.

Der St. Galler SVP ist der Ständeratssitz nur 3300 Franken wert.

Wir haben uns für eine einfache Kampagne entschieden. Mit meinen 1000 Franken und etwas Geld von privaten Spendern sind es bis jetzt 4650 Franken.

Sozialhilfebetrüger, Kopftuchverbot, Amtszeitguillotine für Kantonsräte: allesamt populäre Themen. Wollen Sie dem Volk gefallen?

Es geht darum, Themen aufzunehmen, die ihm unter den Nägeln brennen. Das verstehe ich unter Politik: zuzuhören, wo der Schuh drückt, und dann aktiv werden, um das Übel zu beheben.

Ihr forsches Vorgehen wurde innerhalb der Partei nicht immer goutiert. 

Das ist so. Ich habe schon ein paar Mal meinen Kopf gegen den Willen der Partei durchgesetzt, etwa bei der Amtszeitzeit-Beschränkung für Kantonsräte. Aber das hat Platz in der SVP. 

Apropos schräge Ideen: Wann wurde der Schweizer Psalm geschrieben?

Das weiss ich nicht auswendig, 18..? 

1840/1841. Sie wollten, dass Schüler den Psalm in der Volksschule wieder singen müssen. Wie lautet die dritte Strophe?

«Fährst im wilden Sturm daher…?» 

Das ist die vierte Strophe. «Ziehst im Nebelflor daher», wäre richtig.

Mein Hauptanliegen ist: Der Geschichtsunterricht basiert nicht mehr auf Schweizer Werten. Das ist schade. Auch die Nationalhymne ist ein wichtiger Bestandteil. 

Schweizer Geschichte muss als Pflichtstoff in der Schule gepflegt werden? 

Genau. 

Mit dieser Forderung haben Sie sich im Kantonsrat nicht durchgesetzt.

Leider. Es war ein Teilerfolg. Die Regierung hat auf den kompetenzorientierten Lehrplan 21 verwiesen. 

Planen Sie wieder eine Hotline als Wahlkampfaktion?

Ich erhalte heute noch Meldungen zu Sozialhilfebetrügern über diese Hotline aus meinem ersten Kantonsratswahlkampf. Ich habe damit einiges erreicht: Das Sozialhilfegesetz wurde verschärft, Renitenten wird die Hilfe gekürzt, und wir haben Detektive eingeführt.

Nur dank Ihrer Hotline?

Nicht nur. Aber sie hat Druck auf den Kantonsrat erzeugt.

Muss das AHV-Alter der Frauen auf 65 erhöht werden?

Ja. Das ist unbequem. Wenn wir die AHV langfristig sichern wollen, müssen wir strukturelle Massnahmen ergreifen. Wir werden auch den Beitragssatz kürzen müssen. Unpopulär, aber es muss sein.

Sind Sie für Rentenalter 67 – für alle?

Nein. Es braucht flexible Lösungen. Wer länger arbeiten will, soll das können.

Die Krankenkassenprämien steigen und steigen. Ihr Rezept dagegen?

Die Lobby in Bern angehen. Sie hat viel Einfluss in Bern. Es ist unverständlich, dass die Kassen Millionen für Werbung ausgeben statt die Prämien zu senken.

Höhere Prämienverbilligungen?

Nein. Das ist ein Teufelskreis.

Wie viele Spitäler braucht es im Kanton?

Ich will die Arbeit der Kommission abwarten. Nur so haben wir eine saubere Auslegeordnung: Schnellschüsse bei derart grossen Summen bringen nichts.

Bereits ein Ticket für Bern

Mike Egger ist Rheintaler mit Herzblut. Der heute 26-jährige Bernecker präsidierte von 2012 bis 2017 die Junge SVP St. Gallen. Im Kantonsrat sitzt er, seit er 19 ist. Anfang März rückt er für Toni Brunner in den Nationalrat nach: Am 4. März wird er vereidigt. Egger, gelernter Fleischfachmann, hat sich als Betriebswirtschafter weitergebildet und steckt in der Ausbildung zum Executive Master. Er hat drei ältere Schwestern, seine Eltern führten ein Restaurant in Berneck. Seine Hobbys sind Judo und Tauchen. (cz)